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Anfangs war ich schon etwas skeptisch, zugegeben: Das Finstere Tal verstellt sich von der Mundart her nämlich in keiner Weise und so plaudern fast alle Protagonisten in feinstem österreichischem Dialekt daher, und zwar von der Sorte "ich verstehe so ungefähr...ja...was?...was hat er jetzt gesa...aaah, ja!". Ich hatte also auch als Muttersprachler durchaus mit dem regionalen Touch unserer südlichen Nachbarn zu kämpfen, doch im Nachhinein kann ich behaupten, dass es dem Film keinen Abbruch getan, ihm vermutlich sogar noch geholfen hat. Doch beginnen wir beim Anfang: "bedrohlich-beängstigend" beschreibt die Ausgangssituation wohl am ehesten, in der sich eine junge Frau und ein Mann zu Beginn des Films befinden: versteckt in einer Kammer einer Holzhütte lauschen sie den näherkommenden Geräuschen eines wilden Mobs, bis schließlich die Tür aufbricht, und der hoffnungslos unterlegene Mann niedergeschlagen und weggezerrt wird. Szenenwechsel: die Stimme einer jungen Frau erzählt den Anfang der nun folgenden Geschichte, dass ein Fremder ins Tal kam, und so alles seinen Lauf nahm. Das tut sie in Abständen übrigens den ganzen Film über, das Erzählen meine ich. Und es passt zum Gesamterlebnis ganz wunderbar, wie eigentlich alles hier, von der Musik über die Dialoge bis hin zu den Aufnahmen der Landschaft als heimlicher zusätzlicher Akteur.
Doch zurück zum Plot: besagter Fremder kommt mit einigem Hab und Gut angereist, vor allem mit seinem Kameraset. Hierdurch - und freilich durch die Ausstattung der Häuser sowie die Kleidung - kann man auch ungefähr die zeitliche Einordnung vornehmen: die Fotografie steckt noch in ihren Kinderschuhen, die Menschen müssen vor der Morgenhygiene erst noch die kleine Eisschicht auf ihrem Waschzuber durchbrechen und das mühsame Beschaffen von Feuerholz für den strengen Winter ist überlebensnotwendig. Wenn ich schätzen müsste, so würde ich sagen, die Handlung spielt Mitte/Ende des 19. Jahrhunderts. Wo wir gerade von Kälte sprechen: der Fremde - aus Amerika, wie wir später noch erfahren - hat sich eine denkbar ungünstige Zeit für einen Besuch in dem eigentümlichen Dorf herausgesucht: denn der Winter ist nahe und wenn er mit voller Macht hereingebrochen ist, gibt es erst einmal keinen Weg mehr aus dem Tal. Was er überhaupt bei der sehr eingeschworen wirkenden Dorfgemeinschaft will, ist den Einwohnern ohnehin schleierhaft. Jedenfalls wird er gleich bei seiner Ankunft von mehreren Männern empfangen und schließlich bei einer kleinen Familie einquartiert.
Ohne zu viel verraten zu wollen, gelingt es dem Film schon bei dieser Szene der Einquartierung, dem Zuschauer die herrschenden Machtverhältnisse im Dorf vor Augen zu führen. Doch eine große Unbekannte bleibt vorerst der Fremde - im Übrigen gemimt vom fantastisch spielenden Sam Riley (der Rabe aus Maleficent). Was er hier will und was seine Geschichte ist, bleibt lange verborgen, bzw. wird nur Stück für Stück offenbar. Zugleich gelingt es dem Regisseur, parallel auch die Geheimnisse des Gebirgsdorfes immer weiter zu enthüllen. Die Begegnungen und Dialoge decken dabei ein Spektrum ab, das von idyllisch ruhig, bis von Anspannung, Gefahr oder sozialer Perversion durchdrungen reicht. Kontrastierend pittoresk mutet dabei die landschaftliche Kulisse an, vor der sich alles abspielt. Die Mischung aus beidem macht sie wohl aus, diese Faszination, die ich beim Schauen empfand. Grandios erzählt werden hier menschliche Abgründe, Machtdemonstrationen und die zarten Bande der Liebe in einer rauen, archaischen Welt miteinander verwoben. Das Finstere Tal veranlasst kein Rundum-Wohlbefinden in der Magengegend. Es fordert heraus, es drückt einen nieder, und es gibt einem am Ende das Gefühl einen wahrlich meisterhaften Film gesehen zu haben. Anschauen!
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