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Gone Home (PC, Mac, Linux) - Test

intellectual property of The Fullbright Company

Heute ist es also soweit, mein Test von Gone Home geht online. "Wie? Was? Wo? Ein Test auf dieser Seite?" - werdet ihr verdutzt fragen und euch am Kopf kratzen. Ja, das ist brandneu auf Let's Read About It: ich habe mich entschieden, in Zukunft den von mir vorgestellten Games eine Wertung zu geben. Wie das ganze abläuft - und wie Gone Home dabei abschneidet- das lest ihr jetzt...

Gone Home ist das neueste - und erste - Game der noch jungen und sehr kleinen Spieleschmiede "The Fullbright Company". Zuvor haben die Jungs und Mädels unter anderem an Inhalten für Bioshock-Games und XCOM mitgewirkt. Allen voran dürfte Genre-Kennern der Name des Mitgründers Steve Gaynor etwas sagen, war er doch Autor und Lead Designer für den hochgelobten Bioshock 2-DLC "Minerva's Den". Worum geht es also in diesem ersten Versuch des Studios, etwas eigenes auf die Beine zu stellen? Nun, wir als Spieler schlüpfen aus der Ego-Perspektive in die Rolle der jungen Frau Kaitlin Greenbriar und kommen an einem Junitag des Jahres 1995 (!) von einer einjährigen Reise durch Europa zurück in unser US-amerikanisches Zuhause. Doch eigentlich ist es gar nicht "unser" Zuhause, zumindest nicht das Haus selbst: während wir fort waren, zog unsere Familie (bestehend aus der kleinen Schwester Samantha, Mutter Jan und Vater Terry) in ein neues, leicht unheimliches Heim, etwas ab vom Schuss. Wir kommen also mitten in der Nacht, bei heftigem Unwetter an und wissen zunächst nicht, was uns erwartet. Die beiden erwähnten Kniffe in der Handlung - unser einjähriges Wegbleiben und der uns unbekannte Ort - ermöglichen es dem Spieler, sich mehr mit Kaitlin zu identifizieren, da auch sie dieses Haus nicht kennt und zudem nicht weiß, was alles passiert ist als sie fort war.

Womöglich ist es an dieser Stelle angebracht zu erwähnen, wie das Grundkonzept von Gone Home funktioniert: Wir steuern Kaitlin mit der Standard "Ego-Shooter-Steuerung" bestehend aus Maus und Tastatur durch die Gegend, können via linker Maustaste mit Dingen interagieren (etwas aufheben, anschalten, öffnen usw.) und mit der rechten Maustaste zoomen. Soweit, so standard, so unspektakulär. Ihr merkt es sicher bereits hier: Gone Home ist ein Spiel der ruhigen Kategorie, bei dem es vor allem auf die Entwicklung der Handlung ankommt. Und genau dies macht das Game so richtig gut und hebt es von der Masse ab: da der Ort des Geschehens einzig und allein das Haus der Greenbriars ist, haben die Entwickler alle Kräfte genutzt, dieses so detailliert und natürlich wie möglich auszugestalten. Wahrscheinlich werdet ihr noch nie zuvor ein so glaubwürdiges Zuhause in einer Videospielwelt entdeckt haben, wie hier. Nicht nur, dass ihr mit unzähligen Gegenständen etwas tun, sie drehen und betrachten könnt, nein auch etliche Dokumente, Briefe, Rechnungen, Plakate, Zeitschriften, Bücher, Eintrittskarten und Notizen stehen bereit, um von uns a) entdeckt (Sofaritze!) und b) gelesen zu werden. Das Spiel besticht dabei durch meist detaillierte und feine Texturen. Wir erfahren so Stück für Stück immer mehr über die einzelnen Familienmitglieder, ihr Vergangenheit, ihre Gefühlswelten und ihre Wünsche. Es geht eine unglaubliche Faszination davon aus, in Schubladen und Schränken zu suchen, unter Betten zu schauen und Kisten zu öffnen, immer in der Hoffnung, wieder ein Schnipsel der Story zu erhaschen. Da der Schwerpunkt also wirklich auf dem selbst lesen liegt, solltet ihr entweder ein gutes Schulenglisch mitbringen, oder aber auf die von mir angefertigte deutsche Übersetzung zurückgreifen, die ihr hier finden könnt.

Ja, Gone Home ist ein Traum für Hobby-Stalker und Möchtegern-Breaking-And-Enterer, Minus dem kriminellen Aspekt. Doch vom Spielablauf selbst werdet ihr selten wirklich gefordert, eigentlich geht es zuallererst um das Entdecken und Lesen, ein paar eingestreute - sehr simple - Rätsel sind dabei eine nette Dreingabe. Zudem könnt ihr nicht alle Räume des Hauses von Anfang an betreten, sondern müsst die passenden Schlüssel erst suchen gehen. Wenn wir bestimmte Etappen der Handlung erreichen, hören wir hin und wieder die Stimme unserer Schwester Samantha als eine Art inneren Dialog mit uns. Sie führte in dem Jahr unserer Europareise nämlich ein Tagebuch, um all die Dinge festzuhalten und mit uns zu teilen, die während der Zeit passiert sind. Die Vertonung ist dabei exzellent gelungen, wird von einem stimmigen Soundtrack untermalt und trägt immens zur ohnehin schon sehr dichten Atmosphäre bei. Apropos: während man so mitten in der Nacht, bei flackerndem Licht durch ein einsam gelegenes Herrenhaus tappt - immer wieder aufgeschreckt durch gelegentliches Donnern - und man sich nie sicher ist, wer überhaupt gerade Zuhause ist, kommt eine gewisse Gruselatmosphäre auf. "Waren das Schritte über mir?", "Warum ist hier schon Licht an und niemand im Raum?" oder "Will ich überhaupt in den Keller gehen?" sind ein paar Fragen, die ihr euch sicher ein ums andere Mal während des circa dreistündigen Aufenthalts stellen werdet. Ob die Sorgen berechtigt sind oder nicht, verrate ich an dieser Stelle aber natürlich nicht, das müsst ihr schon selbst entdecken!

Ein weiterer Pluspunkt ist das Flair der 90er Jahre, welches das Spiel hervorragend einfängt: so findet ihr nicht nur unzählige VHS-Kassetten mit Aufnahmen von Akte-X und Co. Nein auch Plattenspieler, Röhrenfernseher und Schreibmaschinen gehören wie selbstverständlich zur Haushaltsausstattung der Familie. Auch Briefe, Notizen oder Werbeflyer strotzen mitunter vor Vokabular und Eigenheiten dieses Jahrzehnts. Für Leute, die die 90er bereits bewusst miterlebt haben, ist Gone Home also auch eine gelungene Zeitreise zurück zu 90210, Mulder & Scully, Pulp Fiction, SNES und vieles mehr. Ich wage sogar zu behaupten, dass das Prinzip des Games in der heutigen Zeit nicht funktionieren würde: wer schreibt denn bitte noch exzessiv auf Notizzettel, hat Unmengen Videokassetten im Regal oder bekommt handschriftliche Briefe? All diese Dinge erzählen so viel von den Personen, die in diesem Haus leben oder ein und aus gehen, dass es in unserer heutigen digitalen Welt schlichtweg nicht funktionieren würde: Unseren Filmgeschmack kann man vielleicht am Computer in unserer Netflix-Ausleih-History nachvollziehen, die sozialen Kontakte bei Facebook ablesen, welche Bücher wir lesen, sagt unser Kindle auf dem Schreibtisch und die Briefkontakte mit Freunden kann man im Posteingang unseres E-Mail-Anbieters durchscrollen. Doch all das wäre für einen Außenstehenden, einen Besucher unseres Heims nicht unmittelbar ersichtlich. Gone Home im Jahr 2013 würde einzig und allein darin bestehen, im Papierkorb oder Schubladen nach einem Zettel mit dem Login-Passwort für den Computer zu suchen. Danach bestünde das Spiel aus einer Desktop-Windows-Simulation, in der wir uns durch Ordner klicken, Bilder und Videos anschauen und den Browserverlauf analysieren. Nein, dann doch lieber die 90er und alles so schön analog und von Dauer. Versteht mich nicht falsch: ich bin ein Freund des digitalen Zeitalters, aber Gone Home erinnert mich einmal mehr daran, dass man damit auch einige der Möglichkeiten aus der Hand gibt, seine Persönlichkeit im "Reallife" auszudrücken.

Da die Story die Hauptmotivation darstellt, das Spiel zu spielen, hielt ich mich bislang mit Details zum Verlauf zurück - denn dieses Puzzle solltet ihr selbst zusammensetzen. Ich muss gestehen, dass mich das was man den "Hauptstrang" der Handlung nennen kann, nicht so wahnsinnig interessiert hat. Dennoch hat mich das Spiel unglaublich gefesselt und noch Tage später beschäftigt. Warum? Nun, weil es noch mehr zu entdecken gibt, insbesondere einen vermeintlichen Nebenschauplatz, den man beim Durchspielen sogar komplett versäumen könnte - sei es aus Gründen des Übersehens, oder aufgrund der Tatsache, dass man die Punkte nicht verbinden konnte. Doch wenn ihr dieses Hintergrundgeflecht entdeckt, wenn ihr erspäht, was gewesen ist, und wenn plötzlich so viel einen Sinn ergibt, dann seid darauf gefasst, dass es euch Schauern wird!

Es gibt im Netz inzwischen einige Diskussionen darüber, ob die vom Entwickler veranschlagten 18,99 EUR für circa drei Stunden Spielzeit zu viel sind, und ob Gone Home überhaupt ein "richtiges" Spiel ist, da mein doch meist nur herumläuft und Sachen liest. Ich für meinen Teil kann zumindest letzeren Punkt nicht nachvollziehen, denn ein Spiel beginnt für mich immer dann, wenn ich die Möglichkeit habe, mit der Story zu interagieren. Das erfüllt Gone Home selbstredend. Was den Preis anbelangt, so verstehe ich die Kritiker, gebe jedoch zu bedenken, dass man währenddessen sehr gut unterhalten wird, wirklich sehr gut! Für alle, die immer noch nicht überzeugt sind, habe ich mal wieder ein "1st 15" (first fifteen) aufgenommen, das euch die erste Viertelstunde des Spiels zeigt. Viel Spaß schon einmal damit!



Fazit: Gone Home fasziniert durch eine detaillierte Spielwelt, eine stimmige 90er Jahre Atmosphäre und eine Handlung, die euch nicht ins Gesicht geprügelt wird, sondern entdeckt werden will und dabei so facettenreich und hintergründig ist, dass es eine wahre Wonne ist! Unbedingt spielen!


Und nun noch ein Wort zu meinem neuen Wertungssystem für Games: ich vergebe bis zu 5 "Smokeys" (siehe meine Blog-Titelgrafik), abstufbar in halben Einheiten. Eine 5 ist dabei sozusagen "Smokin' HOT", die 1 eher "Dust beneath my feet", also schlecht. So seht ihr eingedampft auf einen Blick, wie sehr mir das Spiel gefallen hat - simpel, aber effektiv. 



Wertung: 







Kurzinfos:

Name: Gone Home
Plattform: PC, Mac, Linux
Entwickler: The Fullbright Company
Genre: Ego-Adventure
Release: 15. August 2013
Homepage: http://thefullbrightcompany.com/gonehome/

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