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"Who's Afraid of Virginia Woolf?" (deutscher Titel: "Wer hat Angst vor Virginia Woolf?") erinnerte mich bereits nach den ersten Minuten von der Machart her an den Film "Carnage" mit Jodie Foster und Co. Beide Streifen sind wie eine Art Kammerspiel aufgezogen, mit sehr wenigen Schauplätzen, nur einer Handvoll Charakteren und einem sehr starken Fokus auf den Dialogen. Wir verfolgen hier im Wesentlichen ein ausgedehntes Streitgespräch eines Ehepaares, bestehend aus Martha (Elizabeth Taylor) und George (Richard Burton). Beide Schauspieler waren im Übrigen auch im wahren Leben einmal verheiratet, zweimal gar. Aber das tut hier nichts zur Sache...oder etwa doch? Vielleicht erlaubte es gerade diese reale Vertrautheit der beiden Menschen, dass sie in diesem Film so grandios zu agieren vermochten, wie sie es eben taten. Was ich in den reichlich zwei Stunden der Handlung erlebte, war der schauspielerisch wohl bestausgeführte Ehezwist, den ich bisher zu sehen bekam. Wobei der Begriff "Zwist" eigentlich zu kurz fasst, ist es doch vielmehr ein Porträt der gesamten Beziehung von Martha und George. Sie toben, sie fetzen sich, küssen, spielen mit ihren Gefühlen, verletzen sich und andere zutiefst, schmieden Pläne - mal gemeinsam, mal gegeneinander, und alles in einer einzigen durchzechten Nacht nach einer Party. Nicht umsonst fasste Mrs. Taylor eben diese Rolle als den Höhepunkt ihres Schaffens auf - ich kann es gut nachvollziehen.
Der Film spart dabei nicht mit Vulgärsprache, und zwar von jener Art, wie man sie von einem Hollywoodfilm der 60er eigentlich nicht erwarten würde. Es wird geflucht und geschimpft, dass sich die Balken biegen. Und diese biegen sich übrigens während der Handlung meist nicht nur zwischen den beiden, denn was ich noch nicht erwähnte: sie bekommen schon nach wenigen Minuten Besuch von Nick und Honey, einem jüngeren, frisch verheiratetem Paar. Hier wäre es vielleicht gut, ich ginge rasch auf die Berufe und Beziehungskonstellationen der beteiligten Akteure ein. Martha, also Liz Taylor, ist die Tochter des Präsidenten der örtlichen Hochschule. An jener arbeiten auch die beiden Männer, sprich Marthas Ehemann George und der Gast Nick. George ist im historischen Bereich tätig, Nick im naturwissenschaftlichen - ein Zustammenstoß der Disziplinen sozusagen. Honey hingegen ist die Tochter eines verstorbenen Geistlichen und erbbedingt sehr wohlhabend. Man kann die Handlung des Films unmöglich weiter aufdecken, ohne das Erlebnis - zumindest etwas - zu verderben, daher belasse ich es bei diesen Details. Auch möchte ich nicht verraten, wie der Titelbezug herzustellen ist. Nur soviel: "Who's afraid of Virginia Woolf?" war offenbar eine Art Running Gag während der Party der Hochschule, auf welcher beide Paare am selben Abend zuvor noch waren und von der Martha und George zu Beginn des Films ziemlich angetrunken nach Hause spazieren.
Apropos Alkohol: dieses Substanz ist - neben den Zwischensubjektkonflikten - der Treibstoff schlechthin für die grandiosen Dialoge des Films. Im Grunde wird fast ständig bei dem einen oder anderen nachgeschenkt und die Hände scheinen manchmal mit den Gläsern verwachsen zu sein. Dementsprechend ergibt sich mit steigendem Pegel auch ein Crescendo der Leidenschaftlichkeit, mit der die Unterhaltungen (und Handlungen) vonstatten gehen - bis hin zum grotesk-bizarren Finale. Ich kann den Film - der übrigens eine Adaption eines Bühnenstücks ist - allen Filmfans nur wärmstens ans Herz legen, besonders denjenigen, die Wert auf eine hintergründige Handlung zum Nachdenken und fantastisch geschriebene Dialoge legen!
Fazit: Ich hoffe, ihr habt keine Angst vor Virginia Woolf, oder zumindest nicht vor diesem Film - ansonsten entgeht euch ein Stück Hollywood-Geschichte, das im Grunde nicht gealtert ist und heute noch genauso funktioniert wie damals - klare Empfehlung!
Kurzinfos:
Originaltitel: Who's Afraid of Virginia Woolf?
Deutscher Titel: Wer hat Angst vor Virginia Woolf?
Land: USA
Regie: Mike Nichols
Hauptdarsteller: Elizabeth Taylor, Richard Burton, George Segal, Sandy Dennis
Genre: Drama
Länge: 131 Minuten
Release: 21. Juni 1966 (USA)
Homepage: haha, der war gut!
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